Zeitzeugentreffen in Fellbach: Beeindruckend und Unvergesslich

Zum zweiten Mal in diesem Jahr hatten insgesamt 30 Schülerinnen und Schüler des Remstal Gymnasiums die Möglichkeit, eine der letzten Überlebenden der Shoa, Eva Erben, live zu erleben.

Während am 27. Januar, dem internationalen Holocaust-Gedenktag, schon über 2000 Schülerinnen und Schüler in die Liederhalle Stuttgart kamen, waren es diesmal sogar über 2400 Jugendliche, die aus dem ganzen Stuttgarter Raum in die Schwabenlandhalle nach Fellbach zogen.

Gut möglich, dass dies die letzte Chance war, selbst Zeuge einer der letzten verbliebenen Zeitzeugen zu werden.

Eva wird 1930 in Prag geboren, ihre Familie wird zunächst nach Theresienstadt, dann nach Auschwitz deportiert. Alle Familienmitglieder werden umgebracht und Eva überlebt den Todesmarsch Richtung Westen nur aufgrund eines sehr glücklichen Zufalls: eines Abends versteckt sich in einem Heuhaufen, der ihr Wärme spendet, und wird morgens einfach übersehen. Darüber hat sie ein Buch geschrieben: ‚Mich hat man vergessen.‘

Spannend ist dieses Mal, wie die 93-jährige Eva auf die neuerlichen Angriffe auf ihr Land Israel, in das sie 1949 auswandert, und ihr Leben reagiert. Schließlich wohnt sie in Ashkelon, das nur wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt. Beim Angriff der Terrormiliz Hamas am 7. Oktober zerbersten auch die Fenster ihres Hauses.

Bei der Veranstaltung in der Schwabenlandhalle, die sowohl von der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ), als auch der SCORA- Initiative des RP Stuttgart (School opposing Racism and Antisemitism) unter Federführung der Abteilungspräsidentin Claudia Rugart (‚Nie wieder ist jetzt!‚) getragen wird, skizziert Eva erneut die schrecklichen Erlebnisse ihrer Kindheit, es bleibt aber auch viel Zeit für Fragen der Schüler. 

Neben vier Schülern eines Gymnasiums aus Leonberg sitzen auch drei Schülerinnen und ein Schüler unserer Schule auf der Bühne. Zwei von ihnen waren Teil des Berlin-Israel-Projektes und standen im Frühjahr selbst schon auf dem Tempelberg in Jerusalem, am Strand von Tel Aviv und besuchten ihre Partner der demokratischen Schule Eynot Yardenim äußersten Norden Israels sowie deren Familien, weshalb sie einen noch stärkeren Bezug zu den Ereignissen der letzten Wochen haben.

Eine der ersten Fragen lautet, wie sie mit soviel Hass umgehen könne. Eva antwortet, dass sie ihn nicht verstehen könne, Juden hätten der Menschheit doch so viel gegeben. Wahrscheinlich denkt sie an die Tatsache, dass von den rund 1000 Nobelpreisträgern rund ein Fünftel, also 200, Juden waren. Im Hintergrund leuchtet eine Übersicht jüdischer Erfindungen, wie den Levi Strauss Jeans, dem USB-Stick oder auch dem ersten Macintosh Computer, auf.

Kinder unter der Obhut der Hamas hingegen, so Eva, würden nur zu Gewalt und Hass erzogen.

Unausweichlich die nächste Frage: Wie sie zur schwedischen Umweltaktivistin Greta Thunberg stehe, die so einseitig Partei für die Palästinenser ergreife und die Hamas relativiere? Erwartungsgemäß hält Eva sie für naiv und weltfremd; dafür gibt es großen Applaus im Saal.

Auch wenn es vereinzelt ‚Free Palestine‚- Rufe in den hinteren Reihen gibt, scheint die überwiegenden Mehrheit der versammelten Schüler und Lehrer großen Respekt und Anerkennung vor Evas Lebensleistung zu haben; trotz der vielen Schrecken hat sie ihren Lebensmut nicht verloren und gibt den jungen Menschen ein Motto auf den Weg: 

‚Gebt niemals auf, schätzt den Wert eures Lebens und strebt nach der Wahrheit!‘ 

Schließlich wünscht sie den jungen Menschen viel Liebe im Leben, worauf die meisten aufstehen und applaudieren.

Es folgen einige Impressionen unserer Schülerinnen und Schüler:

Meine Eindrücke – Eva Erben

Da ich bereits Anfang des Jahres ihre Geschichte gehört hatte, war ich umso erfreuter, als ich hörte, ich dürfe ihr dieses Mal, am Ende ihres Vortrages mit sieben weiteren Schüler:innen unserer und einer Schule aus Leonberg, eine Frage stellen.

Mit Vorfreude sind wir dann am Dienstagvormittag zu der Veranstaltung aufgebrochen, und auch dieses Mal hat mich ihre einprägsame Geschichte, als eines der wenigen noch lebenden Opfer des Holocausts, stark beeindruckt. Die Möglichkeit mit ihr noch ein paar Worte zu wechseln und ihr schlussendlich meine Frage zu stellen, war jedoch noch einmal etwas ganz anderes, woran ich sicherlich noch lange denken werde. Auf meine Frage, ob sie ihren Lebensmut nach diesen tragischen Erlebnissen durch Vergeben wiedergefunden habe, meinte sie, sie hätte zwar nie vergeben können, allerdings sei das Leben so stark, dass dessen schöne Seiten überwiegen würden. Hier spielte sie beispielsweise auf ihre Liebe des Lebens und inzwischen große Familie an, die die Leinwand hinter uns zu diesem Zeitpunkt schmückte.

Annina Dietrich

Frau Erben hat mich menschlich sehr beeindruckt. Sie redet so offen über Ihre Vergangenheit und macht dabei den Eindruck einer sehr lebensfrohen und weisen Frau.

Dadurch, dass Frau Erben ganz persönlich und ohne etwas auszulassen von Ihrem Leben erzählte wurde mir persönlich auch nochmal deutlicher bewusst, welche Grausamkeit die Menschen damals erlebt haben. 

Besonders schön fand Ich, dass Sie die Veranstaltung immer wieder genutzt hat, um an uns als junge Generation zu appellieren, aufzustehen und nicht nur zuzusehen. 

Ira Schmid, J2

Für mich war die Begegnung mit Eva Erben eine sehr besondere Erfahrung. Zuerst einmal war ich begeistert, ihr so nahe sein zu können, da wir die Plätze direkt hinter ihr belegen durften. Im Anschluss an ihre Erzählungen, in der sie nicht nur über ihre Erfahrungen im Konzentrationslager sprach, sondern auch wie sie diese verarbeitet hat, durften wir ihr sogar noch auf der Bühne einige Fragen stellen. Begeistert hat mich, dass sie eigentlich sich selbst versprochen hatte, nicht mehr nach Deutschland zurück kommen zu wollen. Jetzt aber hat sie sich dafür entschieden, ihre Erfahrungen zu teilen und junge Menschen gegen Antisemitismus aufzurufen. 

Am meisten hat mich jedoch ihre Antwort auf die Frage, ob sie mittlerweile vergeben konnte, beeindruckt. Sie sagte daraufhin, so etwas könne man nie vergeben, es müsse begraben werden! Diese Lebenseinstellung ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum sie zu so einem lebensfrohen Menschen geworden ist.

Franziska Heichel

Eva Erben ist eine sehr beeindruckende Persönlichkeit, die in ihrem Leben sehr viel durchmachen und erleiden musste. Umso beeindruckender ist es, wenn man von klein auf mit so viel Hass und Leid konfrontiert wird und es trotzdem schafft, mit einer solchen Lebensfreude und positivem Menschenbild durchs Leben zu gehen. Es ist sehr beachtlich, dass sie in ihrem hohen Alter von 93 Jahren weiterhin die langen Reisen auf sich nimmt, damit das Geschehene nicht vergessen wird. Ihr Vortrag war sehr emotional und ist unglaublich wichtig für unsere Generation, da man nur annähernd verstehen kann wie es den Jüdinnen und Juden damals ging und auch heute noch geht, wenn man es von einer Person hört, die das alles miterleben musste.

Kilian